Klar in der Sache – freundlich im Ton, sagt Christine Rabe, ehemalige Gleichstellungsbeauftragte Berlin Mazahn und Charlottenburg

Nach 21 Jahren als Gleichstellungsbeauftragte in Berlin (Marzahn und Charlottenburg) geht Christine Rabe in den Ruhestand. Drei Jahre lang war sie außerdem Bundessprecherin der BAG. Die gelernte Informatikerin aus Ostdeutschland blickt zurück auf ein mutiges und engagiertes Arbeitsleben zurück.

Was haben Sie an der Arbeit geliebt?

C.R.: Dass ich auf Augenhöhe mit Entscheidern verhandeln konnte, nicht als Bittstellerin sondern als Gleichstellungsbeauftragte mit einem Netzwerk und vielen Erfahrungen im Rücken. Gleichstellungsarbeit als Querschnittsaufgabe zu etablieren, hat mir die Möglichkeit gegeben, mit vielen unterschiedlichen Menschen in Kontakt zu kommen. Es hat mir Spaß gemacht Netzwerke aufzubauen. Als Informatikerin haben mich natürlich immer die Daten und Fakten interessiert, das Messbare. Das hat mir gute Argumente an die Hand gegeben und geholfen die Ziele zu verfolgen, die realisierbar sind- ohne aber das große Ziel aus den Augen zu verlieren. Ich hatte das Glück, dass Politik und Verwaltung mich und meine Arbeit ernst genommen und zum großen Teil auch unterstützt haben. Das war zu meiner Marzahner Zeit kurz nach der Wende noch sehr schwierig, da hieß es immer gerade von Ostdeutschen: „Die Frauen sind doch emanzipiert, es gibt Wichtigeres zu tun“- oder „das Berliner Gleichstellungsgesetz gilt nur für Westberlin“. Da gab es viele Widersprüche. Als Frau mit DDR-Prägung hatte ich zum Teil auch einen anderen Hintergrund, z.B. weil es bei uns keine „Versorgerehen“ gab. Frauen waren genauso berufstätig wie Männer, dadurch hatten sie immer eigenes Geld, waren nicht von ihren Männern abhängig. Das gibt Selbstbewusstsein. Es bedeutete für diese Frauen keinen „Karriereknick“, wenn sie Kinder bekommen haben. Diese Themen waren für Westfrauen ganz anders, da wurde zum Teil von mir als Gleichstellungsbeauftragte gefordert, ich solle mich dafür einsetzen, dass Mütter nicht mehr arbeiten müssen.

Was waren Ihre größten Erfolge?

C.R. Schon, dass ich als gleichwertige Verhandlungspartnerin anerkannt worden bin, als Expertin in Sachen Gleichstellung. Und dass ich ein Verfahren zum Gender Mainstreaming entwickelt und beim Patentamt in München angemeldet habe. Wir haben diese „FGA“ (Fachbezogene Gender Analyse in Charlottenburg/Wilmersdorf getestet und die Verwaltung danach überprüft. Dieses Instrument hat inzwischen bundesweit NachahmerInnen gefunden. Ein anderer Erfolg war sicherlich, dass ich dazu beitragen konnte, dass es im Bezirk ein Haus für Unternehmerinnen und Gründerinnen gibt. Mit Unterstützung der Wirtschaftsförderung arbeiten dort 40 Frauen aus unterschiedlichen Branchen auf 5000 qm.

Was empört Sie?

C.R.: Mich empört, dass das Thema Gewalt gegen Frauen und Kinder immer noch nicht abgehakt ist. Das finde ich einen Skandal und  dann der Umgang der Medien damit: Da bringt ein Mann Frau und Kind um, weil sich die Frau trennen will, danach begeht er Selbstmord und in den Nachrichten wird von einem erweiterten Suizid gesprochen. Das ist unfassbar. Ich habe direkt an den Sender geschrieben.

Was wünschen Sie sich für die künftige Gleichstellungsarbeit?

C.R.; Dass der Genderblick zur Normalität wird, dass alle Entscheidungen, vor allem auch finanzielle mit diesem Blick getroffen werden, dass Frauen in Führungspositionen eine Selbstverständlichkeit werden, um die wir nicht mehr feilschen müssen. Dazu gehört natürlich auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Da brauchen wir ganz neue Modelle, die nicht zu Lasten und auf Kosten der Frauen gehen. Dafür müssen sich das Berufs- und das Familienleben komplett verändern. Da sind natürlich auch die Männer in der Pflicht, sie müssen sich verändern und mehr Verantwortung zu Hause übernehmen.

Welche Eigenschaften waren für sie als Gleichstellungsbeauftragte wichtig?

C.R.: Wut, Mut, Humor, Beharrlichkeit, Realismus, Klarheit, Kreativität, Freundlichkeit und Gelassenheit. Wut ist für mich eine Triebfeder für Veränderung. Und dafür braucht es Kreativität und Beharrlichkeit. Humor und Freundlichkeit bewirken sehr viel, gerade in harten Auseinandersetzungen in der Sache. Da bin ich nett und zwar nicht als Weibchen, sondern als Frau auf Augenhöhe. Und ich habe über die Jahre gelernt, Prioritäten zu setzen. Dinge, die gerade nicht funktionieren, liegen zu lassen und später noch mal hervorzuholen, wenn die Zeit dafür da ist. Ich sag mal „Mut zur Lücke“, sonst kann man manchmal verzweifeln. Und wichtig waren für mich immer meine Netzwerke und Verbündete. Die habe ich immer gepflegt.

Was wünschen Sie Ihrer Nachfolgerin?

C.R.: DASS sie mutig ist und sich nicht vom Wohlwollen Anderer abhängig macht. Das verträgt sich nicht mit dem Beruf der Gleichstellungsbeauftragten. Sie muss sich eben mit Männern und auch Frauen anlegen. Das Gleichstellungsthema ist schwierig, weil es immer sofort um das private, das persönliche Leben geht. Deshalb sind die Auseinandersetzungen auch oft so emotional.