Laudatio auf die Stadt Köln

Preisverleihung Gender Award – Kommune mit Zukunft 2023

2. Preisträgerin in der Kategorie Großstadt

Laudatio

Von Marianne Czisnik, Deutscher Juristinnenbund, djb, Mitglied des Bundesvorstandes und Vorsitzende des Landesverbands Brandenburg

 

 

Sehr geehrte Frau Ministerin,

sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der nominierten Kommunen,

liebe Gäste,

liebe Jecken,

 wir sind in der Karnevalszeit. Da feiert Köln, was es ganzjährig auszeichnet: seine Toleranz und Nachsicht anderen Menschen gegenüber.

Angeführt wird das karnevalistische Treiben vom Dreigestirn aus König, Bauer und Jungfrau. Jungfrau? In alter Tradition verkörpert ein Mann die Jungfrau, ein Spiel mit Geschlechterrollen, mit Genderklischees. Diese Herausforderung des klassischen Rollenverständnisses, provozierte die Nazis so sehr, dass sie das fröhliche Treiben in den letzten beiden Jahren vor dem zweiten Weltkrieg 1938/39 ihrem Rollenverständnis anpassten: die Jungfrau musste weiblich sein! Dieses Verbot hatte keine Nachwirkung. Die Menschen in Köln entziehen sich solchen banalen Rollenzuschreibungen erfolgreich – und das nicht nur im Karneval.

 Die Stadt Köln hat – zusammen mit Mannheim – den zweiten Preis beim Gender Award 2023 aus vielen Gründen verdient. Gendergerechtigkeit ist in Köln institutionell fest verankert. Die Stadt hat schon 1982, als erste in Deutschland, eine Gleichstellungsstelle eingerichtet. Sie ist seit 2011 Mitglied der Europäischen Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern und 2021 hat sie zusätzlich einen Gleichstellungsausschuss gegründet, der unter Beteiligung von sachkundigen Bürger*innen tagt und eine Budget von 250.000 € für Projekte der Gendergerechtigkeit einsetzt – etwa für eine Kampagne zum Thema „Gewalt an Männern“, für einen Managerinnenpreis und für die Ausrichtung eines Teilzeitsymposiums.

 Schon hieraus kann man erahnen, dass es bei großen Projekten und Plänen nicht sein Bewenden hat. Die Herausforderung der gesellschaftlichen Gleichstellung von Frauen und Männern besteht darin, sich mit anhaltendem Engagement der Umsetzung einer Vielzahl von unterschiedlichsten Gleichstellungsmaßnahmen zu widmen. Diese Herausforderung hat die Stadt Köln angenommen. Die Oberbürgermeisterin, die Leiterin des Amtes für Gleichstellung und der Stadtdirektor formulieren im Vorwort zum Gleichstellungsplan: „Gleichstellung ist wie rudern gegen den Strom, sobald man aufhört, treibt man zurück“. Der Gleichstellungsplan, dem diese Erkenntnis vorangestellt ist, wurde für die Jahre 2019 bis 2023 aufgestellt. Wir haben also die Möglichkeit, die Stadt beim Wort zu nehmen und zu prüfen, wie sie den Plan hat Realität werden lassen.

 Die Umsetzung mancher Maßnahmen aus dem Gleichstellungsplan, die 2019 noch futuristisch erschienen, wie Teilnahme an Videokonferenzen aus dem Homeoffice heraus, hat die unglückselige Pandemie beschleunigt. Andere Maßnahmen wurden durch Infektionsschutzmaßnahmen deutlich erschwert. Umso höher ist es der Stadt Köln anzurechnen, dass sie auch die stark auf Präsenz angewiesenen Projekte, wie das Väternetzwerk „Die (Kölner) Stadtväter“, vorangetrieben hat. Dieses Netzwerk ermöglicht es Vätern sich über die Angebote zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu informieren und es ermutigt sie, diese Angebote auch verstärkt zu nutzen. Gleichzeitig wird ihnen in einer lockeren Atmosphäre die Möglichkeit geboten, sich untereinander über alle Themen des Vaterseins auszutauschen, sich also mit der Rolle der Kinderbetreuung anzufreunden, die traditionell Frauen zugeschrieben wird.

 Überhaupt zeigen der Gleichstellungsplan und seine Umsetzung, dass die Stadt Köln das Thema Gendergerechtigkeit konsequent von zwei Seiten, der weiblichen und der männlichen, angeht. Anreize für Beschäftigte der Stadt Köln zum Führen in Teilzeit sind an Frauen ebenso wie Männer gerichtet. Auch werden alleinerziehende Beschäftigte, gleichgültig, welchen Geschlechts, unterstützt. Sie erhalten vom Arbeitskreis „Wegweiser für Alleinerziehende“ eine Vielzahl von Informationen. Außerdem erleichtert ihnen das Magazin COMEBACK den beruflichen Wiedereinstieg. Das Amt für Gleichstellung hat COMEBACK zusammen mit der Arbeitsagentur Köln und dem Jobcenter Köln erstellt. In dem Magazin findet man Stellenangebote sowie Informationen zu Bewerbungstrainings, Kinderbetreuung, finanzieller Unterstützung für Familien, Anerkennung von Abschlüssen aus dem Ausland und zu Beratungsangeboten für Weiterbildung und Umschulung.

 Das Amt für Gleichstellung kooperiert nicht nur mit anderen Einrichtungen, wie etwa der eben genannten Arbeitsagentur, sondern auch direkt mit Bürger*innen. Es bietet mehrfach im Jahr Veranstaltungen in verschiedenen Formaten für Fachkräfte, Multiplikator*innen, Betroffene, Mitarbeitende und Interessierte an. Dabei gibt das Amt für Gleichstellung Möglichkeiten zum Austausch über Themen, die viele beschäftigen, wie zum Beispiel Arbeit mit Täter*innen, Femizide oder Frauen in der Politik. Einen Höhepunkt bildet der Internationale Frauentag mit einem sehr umfangreichen Programm. Die Stadt organisiert aus diesem Anlass jedes Jahr gemeinsam mit elf anderen großen Verbänden und Organisationen in einem Aktionsbündnis verschiedene Veranstaltungen. Neben dem „Markt der Möglichkeiten“ im Rathaus finden Workshops, Podien oder Fachvorträge statt. Zusammen ermöglichen diese Veranstaltungen einen Austausch zwischen Verwaltung, Politik, Wirtschaft, den verschiedenen Kölner Frauenorganisationen und den Bürger*innen.

 Auch in Bereichen, die für die Bürger*innen nicht so unmittelbar sichtbar sind, hat die Stadt Ambitionen. Der Ausschuss für die Gleichstellung von Frauen und Männern hat ein Genderbudgeting beschlossen. Mit diesen Maßnahmen sollen Wirkungsziele und Kennzahlen für einen gendergerechten Haushalt der Stadt festgeschrieben werden. Hierfür wird das, zu diesem Zweck personell verstärkte, Gleichstellungsamt mit städtischen Pilotämtern zusammenwirken.

Ob bei solchen komplexen Herausforderungen, wie dem Genderbudgeting, oder einer der vielen Projektideen, es gilt zu hoffen, dass das Beispiel der Stadt Köln andere Städte inspiriert.

 Aber nun gibt es erst einmal in Köln, außer dem Karneval, auch den Gender Award zu feiern: Alaaf!