Begründung der Jury zum 4. Gender Award

Nürnberg, Tübingen, Mannheim, Köln und Flensburg gewinnen den Gender Award - Kommune mit Zukunft 2023. Hier ist die Begründung der Jury für die Preisträgerstädte nachzulesen.

In der Jury saßen:

Roswitha Bocklage, BAG- Bundessprecherin und Leiterin der Gleichstellungsstelle für Frau und Mann, Wuppertal 
Kerstin Drobick,BAG- Bundessprecherin und Gleichstellungsbeauftragte des Bezirks Berlin-Mitte
Marianne Czisnik, Deutscher Juristinnenbund
Anja Nordmann, Deutscher Frauenrat (Bei Jurysitzung verhindert)
Dag Schölper, Bundesforum Männer
Renate Sternatz, DGB Hessen-Thüringen
Maria Unger, Bürgermeisterin a.D.
Cécile Weidhofer, Europäische Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft EAF

Kommunen über 100.000 Einwohner*innen: 2. Preis Mannheim

Die Stadt Mannheim hat den Beitritt zur Europäischen Gleichstellungscharta mit vielen Veranstaltungen flankiert und dabei auch Bürger*innen stark eingebunden (150 Teilnehmer*innen aus 55 Organisationen).Der Aktionsplan zur Charta in Form eines Projektkataloges ist mit 22 Projekten in sieben Wirkungsfeldern breit aufgestellt und Teil des Leitbildes der Stadt.

Der Jury hat besonders gefallen, dass die Stadt zusätzlich zu ihrer Referentinnenstelle für das Thema Gewalt und Menschenhandel auch eine Stelle für die Umsetzung der Istanbul-Konvention eingerichtet hat.

Und auch in Sachen innovative Ideen hat Mannheim einiges zu bieten: Das 2019 eingerichtete komplett digitalisierte Mannheimer FrauenNachtTaxi befördert Frauen und Mädchen ab 14 Jahren ganzjährig zwischen 22:00 und 06:00 Uhr zu einem um 6 € reduzierten Fahrpreis zu jedem gewünschten Zielort. Das FrauenNachtTaxi wird aus Haushaltsmitteln mit 275.000 Euro pro Jahr finanziert.

Die Jury war außerdem beeindruckt vom FrauenKulturRat,  einem bundesweit einzigartigen Modell. Seine Mitglieder sind weibliche Führungskräfte aus wichtigen Kultur-, Bildungs- und Wissenschaftseinrichtungen, der Wirtschaft und der freien Szene der Stadt Mannheim Fokussiert auf Genderaspekte nimmt er Einfluss auf kulturpolitische Entscheidungen.

Bei der internen Gleichstellung punktet Mannheim vor allem mit insgesamt 27 dienststellenspezifischen Chancengleichheitsplänen, die die Spezifika der einzelnen Dienststellen berücksichtigen.

Besonders ist auch das Format „Lunch and Learn“ für Frauen aus allen drei Führungsebenen. Viermal im Jahr wird eine kollegiale Supervision angeboten, ergänzt durch Blitzreferate, die das Themenspektrum Führung im Blick haben. Innovativ ist auch die Einführung einer „Equality Balance Scorcard“, der unter anderem die Erstellung eines jährlich erscheinenden „Gender Reports“ ermöglicht.

Der Frauenanteil im Rat beträgt 33% bis 45%.

Kommunen mit weniger als 100.000 Einwohner*innen: 1. Preis Tübingen

Als kleinere Kommune hat Tübingen es geschafft, der Europäischen Gleichstellungscharta beizutreten und einen umfangreichen Aktionsplan aufzulegen. 2017 ist Tübingen der EU-Charta beigetreten. Die Verwaltung hat das Jubiläum zu 100 Jahren Frauenwahlrecht strategisch genutzt, um die EU-Charta bekannt zu machen und den Aktionsplan vorzubereiten. Deutlich erkennbar ist außerdem das Ziel, traditionelle Geschlechterstereotype und Rollenstrukturen aufzubrechen.

Der Jury hat besonders der intersektionelle Ansatz gefallen, ein Beispiel ist die Aktion „Queer durch Tübingen“. So gibt es seit zwei Jahren eine „Queere Woche“, mit zahlreichen Veranstaltungen und ein Forschungsprojekt mit Ausstellung zu historischen Geschichten über LSBTIQ-Personen in Tübingen. Ein anderes Alleinstellungsmerkmal ist, dass Gender Mainstreaming in der Erinnerungskultur mit einer Selbstverpflichtung zur Förderung von Projekten zur Frauengeschichte und zur Ausgrenzung von Minderheiten. Im Bereich der Sportförderung sollen zusätzliche Angebote für Mädchen und Frauen auch mit Migrationshintergrund geschaffen werden und Sportvereine darin unterstützt werden, weibliches Führungspersonal zu gewinnen. Das gilt auch für die Politik, die Stadt hat sich zum Ziel gesetzt mehr Frauen für politische Ämter zu gewinnen. Offenbar erfolgreich: bei der Kommunalwahl 2019 wurden 50 Prozent Männer und 50 Prozent Frauen in den Gemeinderat gewählt.

Punkten konnte die Stadt außerdem mit dem Engagement, Frauen sichtbar zu machen, z.B. mit dem geplanten Komponistinnenfestival, das 2023 stattfinden wird und dem Vorhaben mehr Straßen nach Frauen zu benennen.

Intern plant die Stadt ein gemeinsames Führungsverständnis in der Verwaltung zu erarbeiten, das auch Führen in Teilzeit zum Thema macht. Ein Schritt zu besseren Vereinbarkeit von Beruf und Karriere für Väter und Mütter. Aktuell liegt der Anteil von Frauen in Führungspositionen bei 45%.

Der Frauenanteil im Rat beträgt mehr als 45%.